In Wiesbaden-Schierstein liegt der Firmensitz der Bröhmer & Sohn GmbH. Das Unternehmen beschäftigt 91 Mitarbeiter mit denen es Leistungen in den Bereichen Hochbau, Tiefbau, Schlüsselfertigbau und Bauwerkssanierung anbietet.
Status quo in Sachen Digitalisierung
Die Brömer & Sohn GmbH hat immer auch den Blick in die Zukunft gerichtet. Building Information Modeling (BIM) ist dabei eine langfristige, projektübergreifende Strategie und Investition. Jörg Brömer treibt das Thema in seinem Unternehmen voran. Er möchte die Bauunternehmung zukunftsorientiert ausrichten. Mit Jonas Gramatte, einem erfahrenen Projektleiter bei Brömer & Sohn, hat er sich einen kompetenten Mitstreiter ins Boot geholt. Beide sind sich einig: „Die beste Software bringt nichts, wenn die Mitarbeiter nicht damit umgehen können.“ Die Schulung der Mitarbeiter ist daher enorm wichtig, selbst wenn dies bei einigen Mitarbeitern anfänglich auf Widerstand stößt. Bei Brömer & Sohn steckt BIM zwar noch in den Kinderschuhen, aber gerade Herr Brömer will den Einstieg seines Unternehmens in die Digitalisierung nicht verpassen und neben der gewohnten baulichen Qualität auch in technologischer Sicht gut aufgestellt sein. Erste systematische Einführungsschritte wurden darum initiiert.
Die Digitalisierungs-Strategie des Unternehmens
Der erste Schritt für das Unternehmen war die Suche nach einer geeigneten Software. Die Auswahl war groß und die Entscheidung schwer, da Schnittstellenprobleme zu Datenverlusten führen können. Schließlich entschied sich die Bauunternehmung dazu, auf die bereits vorhandene Software aufzusetzen und diese um weitere Module zu ergänzen. Es ist ein eigenständiges CAD-System, Jörg Brömer nennt es ein „Brückenprogramm“, zur Kalkulation.
Bisher befindet sich die Unternehmung quasi noch in der ‚Pilotphase‘. Erst danach kann gesagt werden, ob die richtigen Prozesse für die Digitalisierung im Unternehmen ausgewählt wurden. Der Kalkulationsprozess wurde bereits mit der Software modellbasiert aufgestellt beziehungsweise auf BIM umgestellt. Diese Erfahrung ist die Grundlage dafür, die BIM-Methode peu à peu im Unternehmen auf weitere Anwendungsfälle auszuweiten. Ein Problem besteht jedoch: es fehlen einheitliche Standards. Durch die IFC-Schnittstellen können nicht alle Daten und Informationen des Modells übertragen werden. Die schrittweise Implementierung gestaltet sich dadurch sehr schwierig.
Langfristig soll BIM jedoch für das ganze Unternehmen und alle Prozesse eingeführt werden. Ziel ist es, den gesamten Wertschöpfungsprozess des Unternehmens damit abzuwickeln – von der Kalkulation, über die Arbeitsvorbereitung und Baustellenabwicklung bis hin zur Nachkalkulation in der Buchhaltung.
Auswirkungen auf Unternehmensbereiche und bisherige Nutzeneffekte
Die phasenweise Einführung von BIM ist trotz vieler Hemmnisse, wie das Fehlen eines allgemeingültigen standardisierten BIM-Prozesses, Unklarheiten in Bezug auf die künftige Entwicklung des Themas BIM und Unsicherheiten bezüglich des Verhältnisses von Aufwand und Nutzen, erfolgreich. Positive Effekte sind bei der Kalkulation, Bauausführung und Abrechnung schon zu erkennen. Interne Prozesse konnten überprüft, gestrafft und an die zukünftigen Bedürfnisse angepasst werden. Das führt zu Zeitund Kostenersparnissen und bedeutet einen immensen Nutzeneffekt und Wettbewerbsvorteil für die Bauunternehmung.
Das Ziel der Brömer & Sohn GmbH ist es, dass der Polier auf der Baustelle mit dem Tablet Anpassungen im Modell direkt vor Ort durchführt und beispielsweise Aufmaße direkt über das Modell in die Abrechnung einbringt. Das Arbeiten am Modell bei allen schlüsselfertigen Projekten wäre ein wirklicher Nutzen für das Unternehmen, doch noch sind die Projektpartner nicht soweit, weder Auftraggeber, noch TGA-Planer oder Architekten.
Einbindung der Mitarbeiter
Schon bei der Auswahl der Software wurden die Mitarbeiter mit einbezogen. In Teams haben sie Anforderungskataloge an eine BIM-Software erstellt, die die unternehmensinternen Prozesse abbilden. Die Mitarbeiter nahmen auch an Informationsveranstaltungen verschiedener Softwareanbieter teil, um gemeinsam zu prüfen, inwieweit sich ihre Prozesse sinnvoll digitalisieren lassen und welche Möglichkeiten dazu die entsprechende Software bietet. Die Teams und die Führungsebene diskutierten über Einsatzmöglichkeiten und welche Vorteile schnell erzielt werden könnten. Gemeinsam entschied man sich, die bereits im Haus verwendete Software zu erweitern.
Als mitarbeiterorientierte Maßnahme führte das Unternehmen zudem Strategie-Workshops durch. Dafür gab es zwei Gruppen: die erste Gruppe bestand aus kaufmännischen Mitarbeitern und Bauleitern, die zweite Gruppe aus gewerblichen Mitarbeitern und den Polieren. Die Gruppen tagten jeweils zweimal, insgesamt fanden vier Workshops statt.
Zudem wurden Inhouse-Schulungen für die Belegschaft angeboten, die von externen Dienstleistern und einem kürzlich gebildeten betriebsinternen BIM-Team durchgeführt wurden. In diesem BIM-Team sind Jonas Gramatte und Phillipp Himmelmann, die beide als Werkstudenten in das Unternehmen kamen, wichtige Akteure. Insbesondere Herr Himmelmann kann hier das an der Hochschule erlernte BIM-Know-how in der Praxis anwenden und so quasi auf Augenhöhe seinen Kollegen die Vorteile von BIM verdeutlichen.
Damit die Mitarbeiter über die notwendigen Kompetenzen im Bereich BIM verfügen, können sie zusätzlich an Informationsveranstaltungen des BIM-ClusterHessen e. V. sowie an Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen verschiedener Software-Hersteller teilnehmen. So werden sie an die Methode herangeführt, ihre Kompetenzen deutlich erhöht und ihre Einstiegshemmnisse überwunden.
Tipps für andere Bauunternehmen
Folgende Tipps möchte Jörg Brömer anderen Baumittelständlern mit auf den Weg geben. „Es ist ungemein hilfreich, sich frühzeitig mit dem Thema Digitalisierung und speziell mit BIM zu beschäftigen. Haben Sie keine Angst davor, denn den Anschluss sollte man hier nicht verpassen!“ Er rät zudem: „Planen Sie Ihre Digitalisierungsprojekte frühzeitig und sorgfältig.“ Der Bauunternehmer engagiert sich selbst im BIM-Cluster Hessen e. V. und schätzt dort vor allem den Erfahrungsaustausch mit anderen Baumittelständlern.
Für sein Unternehmen kann er sagen, dass es eine große Hilfe ist, jemanden in der Belegschaft zu haben, der sich für das Thema interessiert, es vorantreibt und den Kollegen den Nutzen verdeutlichen kann, zum Beispiel in Strategie-Workshops oder in einem BIM-Team.
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